Existenzbedrohendes Urteil schockt die deutschen Musikverleger

Mit blankem Entsetzen haben die deutschen Musikverleger die Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 14. November 2016 zur Kenntnis genommen, wonach die GEMA nicht berechtigt ist, den Musikverlagen die Verlegeranteile aus den Ausschüttungen der Wahrnehmung von Nutzungsrechten auszuzahlen.

Zwar liegt die schriftliche Urteilsbegründung noch nicht vor. Aus der mündlichen Verhandlung und der vom Kammergericht veröffentlichten Pressemitteilung ergibt sich jedoch, dass die Entscheidung mit dem BGH-Urteil „Verlegeranteil“, das die VG Wort betrifft, gleichgesetzt wird. Das Kammergericht begründet seine Entscheidung vor allem damit, dass die Rechte formal nur von den Urhebern in die GEMA eingebracht worden sind. Für die Musikverleger ist höchst befremdlich, dass das Gericht seine Entscheidung primär mit dieser schlichten formalen Position begründet und damit die gesamte Musikverlagsbranche in Deutschland von durchschnittlich 80% ihrer Umsatzerlöse abschneidet und in existenzielle Not bringt.

 

Mit seiner Entscheidung meint das Gericht fatalerweise, das Urteil des Bundesgerichtshofs zum Verlegeranteil, das sich ausschließlich auf gesetzliche Vergütungsansprüche beschränkte, „weiterführen“ zu müssen. In dem Verfahren vor dem BGH wurde die Beteiligung der Buchverlage an den dort im Streit befindlichen gesetzlichen Vergütungsansprüchen verneint. Dies wurde begründet mit dem gesetzlichen Vorausabtretungsverbot und der alleinigen Urheberzuordnung dieser Zwangslizenzen nach EU-Recht. Diese Restriktionen gelten jedoch nicht für die in die GEMA eingebrachten Nutzungsrechte der Hauptverwertungsarten Tonträger, Bildtonträger, TV, Radio, Internet, öffentliche Aufführungen und Wiedergaben.

 

Da es in dem Fall um die Absprache zwischen Urhebern und Musikverlagen geht, hätten die Richter die zugrundeliegenden Verträge nach den allgemeinen Regeln auslegen und ermitteln müssen, was die Vertragspartner wirklich gewollt haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Musikverlagsvertrag und der GEMA-Berechtigungsvertrag (inkl. Gema-Verteilungsplan) eine wirtschaftliche Einheit bilden, die den tatsächlichen Parteiwillen und die jahrzehntelange Branchenübung wiedergibt. Dies zu würdigen hat das Gericht unterlassen, obwohl noch das Landgericht in einer ausführlichen Begründung eine besondere Situation des Verhältnisses zwischen Urheber und Musikverlag und deren gemeinsamen Verwertungsgesellschaft GEMA dargestellt hat.

 

Zeigte bereits das BGH-Urteil die dringende Notwendigkeit, die Verlegerbeteiligung gesetzlich klarer zu regeln, so hat sich durch die Entscheidung des Kammergerichts der Druck noch erhöht. Der Deutsche Musikverleger-Verband appelliert daher dringend an den Deutschen Bundestag, nunmehr unverzüglich diese Problematik gesetzlich zu regeln. Da diese wichtige Neuregelung Auswirkungen nur für die Zukunft hat, müssen für die Vergangenheit die Verleger gemeinsam mit den Urhebern und der GEMA die Vertragssituationen analysieren, damit das seit Jahrzehnten von Urhebern, Musikverlegern und der GEMA gleichermaßen gewollte und etablierte System der Zusammenarbeit weiterhin Bestand hat.

 

Kommt es zwischen den Beteiligten nicht zu einer Einigung, könnte die Verwertungsgesellschaft GEMA insgesamt, und damit auch die Urheber, schweren Schaden erleiden. Es mutet daher schon fast wie Hohn an, dass das Kammergericht in seiner Pressemeldung verkündet, durch das Verfahren seien die Rechte der Urheber gestärkt worden. Die deutschen Musikverleger sind von dem Urteil schockiert, in höchster Alarmbereitschaft und fürchten um ihre Existenz.

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